Marsch
Schwer sind unsere Stiefel,
Schwer ist unser Schritt
Augenpaare, viele an der Zahl, alle mit Blei gefüllt, bis zum Rande, ein seltsam leerer Blick, an dessen Grund sich ein gefangenes Tier versteckt, getrieben, verzweifelt, allein.
Der Herr hat uns gesandt,
Zu suchen
Keine Sonne, kein Himmel, kein Horizont, nur die ewige Stille einer toten Welt, die weder Hoffnung noch Furcht kennt. Nur der Marsch, der endlose Marsch voran, die stille Frage nach dem Wohin.
Nach der schwarzen Blüte,
die kein Licht uns lässt
Rüstungen aus Bitterkeit tragen sie, schwarz vom Hass, grau vom Staub der Zeiten. Auch Lanzen, Schwerter, Schilde, immer noch fest in die starren Hände gepresst, obwohl sie nur noch Schatten ihrer eigentlichen Aufgabe sind, zerschlissen, verrottet. Keiner geht ihnen voran, niemand führt sie an.
Voran, voran, voran,
ohn‘ Umkehr, voran.
Ihre Abdrücke im staubigen Grund verblassen schnell, doch sie drehen sie nicht um. Sie waren schon an jedem Ort, in dieser und in vielen anderen Welten, doch ihr Ziel bleibt immer weit vor ihnen. Manchmal glauben sie es zu erkennen, in der Ferne, aber auch das bleibt ein Trugbild, eine Täuschung. Und so haben sie seit Jahrhunderten nicht mehr gedacht, gesprochen, gerastet, sie haben es verlernt.
Schwer sind unsere Speere,
Schwer ist unser Schritt
Und noch länger sind sie schon auf ihrer Reise, haben auf ihrem Weg voran alles, alles zu Asche werden lassen, am Anfang vielleicht mit ihren Schwertern, viellleicht sogar unwillig. Mit der Zeit wurden ihre Zweifel taub und blind, ihr Gewissen verging mit ihren Seelen, und nun stirbt alles um sie herum nur durch ihren Anblick. Selbst ihre Heimat haben sie zerstört, zerstört und dann vergessen, vielleicht war es auch umgekehrt. An ihnen klebt kein Blut mehr; auch das haben sie sich genommen und verbrannt.
Lang vergangen ist der Herr,
Lang vergangen ist sein Reich
Gäbe es noch Betrachter dieses seltsamen Marsches, sie würden nichts hören außer den schweren Stiefel im Sand und dem Knirschen der alten Harnische, dem Klirren des alten Stahls. Und dem Lied, dass sie stets auf den narbigen Lippen tragen. Es ist kaum mehr als ein Flüstern, es hat jede Betonung verloren, jede Leidenschaft eingebüßt. Nur die Worte selbst sind noch übrig, und so sprechen sie die Silben wie ein entleertes Gebet oder wie eine ziellose Meditation, mit trockenen, hohlen Stimmen, die schon lange wie eine einzige klingen.
Wir suchen noch die Blüte,
die kein Licht uns lässt
Von Zeit zu Zeit fällt einer von von ihnen hin. Für einige Minuten gibt einer der Männer auf, vergisst zu Atmen. Und dann steht er wieder auf, singt das alte Lied, als hätte er sich an etwas Wichtiges erinnert; Marschiert voran, voran. Als es noch Legenden gab, da sagte man von den Männer, sie seien verflucht; aber das stimmt nicht. Niemand hat sie verdammt. Kein Gott will sie strafen; auch ihre Götter haben sie umgebracht, einen nach dem anderen, und selbst das ist schon lange vergessen.
Voran, voran, voran,
ohn‘ Umkehr, voran
Manche sagten auch, niemand hätte ihnen ihre seltsame Aufgabe aufgetragen, sie seien selbst ihre eigenen Herren gewesen, schon immer. Manche behaupteten, es sei das Blei in ihren Augen gewesen, das sie auf diesen Feldzug gesandt hatte. Vielleicht ist auch das wahr, aber das macht keinen Unterschied; es gibt ohnehin nur noch sie und den Sand unter ihren Füßen. Geschichten sind verblasst, allesamt. Auch der Sand will keine neuen erzählen, keine alten behalten, und deshalb verschluckt er die Schritte der Männer. Geblieben ist nur die Legion – und ihr altes Lied.
Voran, voran, voran,
ohn‘ Umkehr, voran
Zur schwarzen Blüte,
wir tragen sie schon lang.
…Sehr schoen. Hwarangdo. Woher die Inspiration?
Kam mir so. Aus der Dunkelheit, s. Uhrzeit..