Professional losing – Verlieren als Lebenskonzept (Poetry Slam – Finalrunde) Diesen Artikel drucken

Diesen Text habe ich im Finale gelesen.
Allzu oft wird es als selbstverständlich angesehen – dabei ist es gar nicht so einfach, wie es aussieht: Verlieren.

Nur wenigen ist bekannt, dass man das auch professionell betreiben kann, und ich möchte die knappe Zeit einmal nutzen, um eine kurze Einführung zu liefern.

Natürlich hat jeder schon einmal irgendwann verloren. Mancher Amateur empfindet sich gar als ‚Loser‘ – aber mit der professionellen Variante, mit dem Lebenskonzept Niederlage hat das meist noch wenig zu tun. Zum Profi-Loser braucht es eine Menge Disziplin, Stärke und manchmal auch Durchsetzungsvermögen. Doch die Anstrengung lohnt sich; in die tiefsten Tiefen des Selbstmitleids werden nur diejenigen finden, die trainieren, trainieren und nochmal trainieren. Für die Einsteiger hier einige kurze Hinweise für die ersten Schritte als Profi-Verlierer:

Punkt 1: Nimm das Endergebnis vorweg!

Der mit Abstand wichtigste Ratschlag; Bevor du irgendetwas anfängst, egal ob beruflich oder privat, musst du dir absolut sicher sein, dass du eine vernichtende Niederlage erleiden wirst.

Lass keinen positiven Gedanken zu; Es kann nicht funktionieren – nur dann wird es auch nicht funktionieren.

Punkt 2: Stürze dich nicht in jedes sinnlose Abenteuer!

Gerade Amateure machen den Fehler, sich in zu viele haarsträubende Unternehmungen auf einmal zu stürzen. Das Problem; statistisch gesehen muss man nur genügend aussichtslose Abenteuer beginnen, bis eines gelingt. Das ist natürlich kontraproduktiv. Also: Wähl genau aus, was du tun möchtest!

Punkt 3: Du bist selbst schuld!

Nur Amateure berufen sich darauf, dass die anderen böse sind und die Welt schlecht ist. Profis geben sich an jedem Fehlschlag selbst die Schuld. Mach dich fertig! Trainier vor dem Spiegel, bis du weinst – und dann trainier dir die Tränen ab. Du brauchst sie vor Fremden.

Punkt 4: Es geht gar nicht anders!

Schlag dir die Illusion aus dem Kopf, es gäbe freie Entscheidungen – denn es gibt keine, zumindest für dich nicht. Du musstest in der Klausur durchfallen, du konntest nur krank werden, du musstest dich betrinken; lass dir nie eine Wahl. Du bist nicht frei; mach das deiner Umwelt klar. Und sieh auf keinen Fall ein, dass das Punkt 3. widerspricht – das tut es nämlich nicht.

Punkt 5: Wenn du auf eins von zwei Pferden setzen sollst – setze auf gar keins!

Nichts liefert dem professional losing mehr Vorschub als nicht zu handeln; das solltest du dir merken. Vermeide es, Probleme anzusprechen oder gar aufzulösen. Warte einfach, bis sie dir nach Jahren um die Ohren fliegen; sicherer geht es gar nicht.

Punkt 6: Trage vereinzelte Erfolge mit Fassung!

Selbst dem besten kann es mal passieren – aus irgendeinem glücklichen Zufall heraus klappt etwas. Auch der Profi ist davor nicht gefeit. Wichtig dabei; bewahre Haltung! Wenn du es geschickt anstellst, kannst du jeden zufälligen Erfolg in eine totale Niederlage umdeuten. Das ist gar nicht so schwer. Beispiele gefällig? „Die Note hatte ich überhaupt nicht verdient!“ oder auch „Das war reiner Zufall!“, im Privaten auch gerne „Jetzt bin ich zwar mit ihr zusammen, aber das will ich ja auch nicht!“. Wer sich an solche Sätze hält, der kann sogar mit Erfolgen umgehen.

Beherzige diese sechs goldenen Regeln – dann steht einer Profikarriere wirklich nichts mehr im Weg.

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